Die faszinierende Entstehungsgeschichte der Craniosacralen Therapie

Ich möchte Ihnen nun Dr. Sutherland, den Begründer der Craniosacralen Therapie (Osteopathie) vorstellen, der mich besonders durch zwei Eigenschaften sehr beeindruckt:

  • Die Gewissenhaftigkeit seiner wissenschaftlichen Untersuchungen und
  • Die Selbstverständlichkeit, neue Erkenntnisse sofort zu übernehmen, obwohl die Mehrheit der damaligen amerikanischen Osteopathen diese ablehnten.

Was war geschehen?

Zu seiner Zeit galt es als sicher, dass die Knochen des Schädels miteinander fest verwachsen sind. Trotzdem wurden auch hin und wieder Zweifel daran geäußert und spekuliert, dass es einen gewissen Bewegungsspielraum zwischen den einzelnen Schädelknochen gibt.

Als Sutherland einmal in einer Ausstellung einen „gesprengten“ Schädel sah, wo die einzelnen Knochen mit Abstand zueinander fixiert waren, aber so, wie sie natürlicherweise zueinander ohne Lücken stehen, machte er die Entdecktung, dass ein Knochen deutliche Impressionen – also reale Eindrücke – auf dem Nachbarknochen hinterließ, und beide Knochen eine Bewegung wie „die Kiemen eines Fisches“ ermöglichten könnten, was der gängigen osteopathischen Lehre total widersprach.

Dies ließ ihn nicht mehr los! Er untersuchte an isolierten Knochen des Hirnschädels mit einer Akribie die Nähte der Knochen an der Stelle, wo sie einander berührten, um rein mechanisch zu erkunden, ob diese Nahtstellen eine Bewegung zulassen. Und das 30 Jahre lang! Seine Frau nannte diese „unsere knöcherne Zeit“.

Er erfand zudem eine Vesuchsreihe, in der er einzelne Knochen seines Hirnschädels mit Baseball–Handschuhen fixierte, um eigentlich beweisen zu wollen, dass keine Bewegung möglich war. Dabei notierte er immer, was dieser durchaus starke Druck auf das Innere des Kopfes bei ihm bewirkte. Wenn er den Druck durch die Handschuhe beendete, verschwanden diese Beschwerden dann nach einer bestimmten Zeit wieder vollständig. Je mehr Knochen er gleichzeitig mit den Handschuhen unter Druck setzte, desto mehr Beschwerden und Einschränkungen erfuhr er. Und als der Druck auf seine Schädelknochen derart stark war, dass er selbst nicht mehr notieren konnte, was mit ihm geschah, notierte seine Frau die Beschwerden und Veränderungen, denen ihr Mann ausgesetzt war. Und immer war alles reversibel, wenn der Druck beendet war.

Seine Studien veröffentlichte er unter einem Pseudonym. Denn er hatte damit bewiesen, dass ein gewisser Bewegungsumfang der Schädelknochen für natürliche Prozesse und auch für die Gesundheit Voraussetzung sind.

Er erkannte auch den Zusammenhang von Schädel (Cranium) und Kreuzbein (Sakrum) in einer gemeinsamen Bewegung – die CranioSacrale Therapie war „geboren“.

Heute besteht überhaupt kein Zweifel an der notwendigen Bewegungsfähigkeit von Schädelknochen für die Gesundheit, und übrigens aller Strukturen des Körpers: Organe, Gewebe, Nerven, Blutgefäße u.v.m. Dies bei Bedarf zu verbessern ist ein Teil der Aufgaben der CranioSacralen Osteopathie (Therapie).

Fast am Ende seines Lebens hatte Dr. Sutherland ein Erlebnis, dass ihn zu einer neuen tiefen Erkenntnis führte. Die Osteopthen dieser Zeit arbeiteten durchaus mit sehr viel Kraft für die erwünschten Veränderungen. Dr. Sutherland hatte jedoch einen Patienten, wo er noch gar nicht aktiv mit Druck therapierte. Und trotzdem spürte er eine Kraft im Patienten, die zu einer großen und angenehmen Veränderung führte: Er beließ seine Hände dort, wo sie regungslos lagen und realisierte, wie sich der Patient tief erholte.

Seine Veröffentlichung fand bei den damaligen Osteopathen eher eine geringe Resonanz. Die meisten schlossen sich dieser Erkenntnis nicht an.

Ich habe einen großen Respekt vor Dr. Sucherland, der ohne zu zögern seine Arbeitsweise fast am Ende seines Lebens veränderte, weil er eine Kraft gespürt hatte, die tief heilsam wirkte – ohne sein Dazutun.

Erlaube den inneren physiologischen Kräften ihre eigene unfehlbare Potenz zu entfalten, anstatt blinde Kraft von außen einzusetzen.

Diesem Therapieansatz fühle auch ich mich tief verbunden.